Ehre Gott mit deinen Opfern gern und reichlich, und gib deine Erstlingsgaben, ohne zu geizen. (Sirach 35, 20)
Orientalische Gastfreundschaft zeigt sich an einem üppigen Buffet mit einer großen Vielfalt an Speisen. Die Größe der Gastfreundschaft bemisst sich daran, wie viel noch da ist, wenn alle satt sind! Es wird nicht kleinlich berechnet, dass möglichst wenig übrig bleibt, sondern es wird großzügig aufgetischt! Der jüdische Weisheitslehrer Jesus Sirach fordert in diesem Sinne zu Opfern auf, ohne zu geizen. Ein Opfer im alten Israel ist eine Gabe und wird vor dem Hintergrund der Gastfreundschaft verstanden: Gott wird wie ein Ehrengast eines Festmahls geehrt, indem ihm (zurück)gegeben wird! So wird der Ort des Opfermahls zu einer Begegnung mit Gott. Im alten Altargesetz heißt es: „An jedem Ort, wo ich meines Namens gedenken lasse, da will ich zur dir kommen und dich segnen.“ (2. Mose 20, 24). Als Opfer gab es Pflanzen und Tieropfer, die zubereitet wurden und vor Gottes Angesicht verzehrt oder verbrannt oder vergossen wurden.
Ein besonderer Vertrauensbeweis auf die Güte Gottes liegt in den „Erstlingsgaben“. Wer die ersten Früchte gibt, die er geerntet hat, oder das erste Zicklein opfert, das geboren wurde, der vertraut darauf, dass auch zukünftig genug da ist. Es wird nicht aus dem Überfluss heraus gegeben, was man noch erübrigen kann und dessen Verlust man quasi gar nicht bemerkt, sondern es wird aus Dankbarkeit die erste empfangene Gabe los gelassen (Erntedank)!
Großzügigkeit ehrt Gott! Es spiegelt etwas von der Großzügigkeit Gottes selbst wider, der verschwenderisch und vorbehaltlos seine Barmherzigkeit und Liebe verschenkt! Wer geizt, ist ängstlich, ob ihm genug bleibt. Wer reichlich gibt, lässt los! Wer reichlich gibt, vertraut nicht auf seinen Besitz und seine Ernteertrag, sondern auf Gott selbst, der Geber aller Gaben ist und die Bedingungen für Wachstum und Gedeihen geschenkt hat! So gesehen macht Geben freier und reicher, nicht gebundener und ärmer.
Bereits der Schriftgelehrte Jesus Sirach denkt bei Opfern nicht allein an materielle Gaben: „Speiseopfer bringt dar, wer Liebe erweist. Dankopfer spendet, wer Almosen gibt.“ (Sirach 35, 3-4). Wer reichlich Liebe verschenken will, der wird erfinderisch in Worten und Taten! Dazu können Sach- und Geldspenden gehören, genauso wie ungeteilte Aufmerksamkeit, praktische Hilfe, ehrenamtliches Engagement, Lob oder Dank an Gott und Menschen.
Michael Rohde
Prof. Dr. Michael Rohde ist Professor für Altes Testament
am Theologischen Seminar Elstal (Fachhochschule).